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From Seoul To Varanasi
14.03.2012
Das Interview mit dem Hauptdarsteller Yoon Dong-hwan

SB:Können Sie mir etwas über den Film sagen? Warum haben Sie die Rolle angenommen?
Joon: Ich mag den Regisseur und vielleicht klingt es komisch, aber ich nehme fast jede Rolle, wenn ich das Szenario und den Regisseur mag, selbst wenn die Rollen dann unbezahlt sind.
SB: Finden Sie nicht auch dass es in diesem Film um so viele unterschiedliche Themen geht, sodass man am Ende verwirrt ist und nicht genau weiß worum es geht?

Joon: Ja, genau! Der Film ist wie ein abstraktes Gemälde, also wie Fein Art, daher gibt es Abstraktes, Konkretes und eine Mischung aus diesen beiden Komponenten. Ich denke, dass der Film sehr verwirrend ist und somit sehr abstrakt wirkt, aber nach der ersten Hälfte wird er dann konkreter.  Es gibt vielleicht keine ganz  genauen Aussagen, aber dadurch können wir eigene Schlüsse ziehen und individuelle Interpretationen bilden. Für mich war der  Film vor allem aus zwei Gründen gut: Erstens, weil ich dadurch an der Berlinale teilgenommen  habe und zweitens auch für mich als Schauspieler! Ich bin sonst nämlich eher schüchtern.
SB: Mir kommen Sie im Film nicht schüchtern vor….
Joon: Ja, ich habe viele Sexszenen gehabt und das erste Mal war sehr seltsam, aber danach ging es und ich fühlte mich nach und nach sicherer. Die Schauspielerei ist so zweiseitig, sie hat gute wie auch schlechte Seiten, das heißt beispielsweise, dass man seine Ängste überwinden muss, damit man eine Szene gut spielen kann. Und genau deswegen bin ich Schauspieler geworden. Ich will meine Ängste besiegen und weiterwachsen. Ich spiele nun seit 18  oder 19 Jahren, aber am Anfang war ich wegen genau dieser Ängste nicht gut.
Es war nicht leicht diese Sexszenen zu drehen, vor allem in Korea, aber seit der Film von Ang Lee   herauskam, ist es einfacher geworden.
SB: Ich nehme an, dass es sicher nicht einfach ist solche Sexszenen zu drehen und nach der Vorführung vorm Publikum zu stehen und eventuelle Fragen zu beantworten, oder?
Joon; Nein, es ist überhaupt nicht einfach und es ist auch ein komisches Gefühl..
SB: Wie war es diese Szenen zu drehen?
Joon: Ja, das ist eine interessante Frage. Die Schauspielerin, die für den Film ausgesucht wurde, hat gewusst was in dem Film vorkommt, aber sie hat  am Ende aufgegeben, weil es für Korea zu schockierend ist. Und die Frau die am Ende die Rolle übernommen hat, war keine echte Schauspielerin. Es war sehr schwierig jemanden für die Rolle der Geliebten zu finden.  Es war hart für den Regisseur, denn er musste den Film weiter drehen und hoffen dass er doch noch jemanden für die Rollen finden würde.
SB: Können Sie uns die Beziehungen zwischen Ihnen und der Geliebten,  wie auch zwischen  Ihnen und Ihrer Frau erklären?
Joon: Ich liebe meine Frau, aber meine Geliebte auch… wir sind verheiratetet aber auch gelangweilt, deswegen suchen wir stets nach etwas Neuem. Persönlich glaube ich nicht an die Monogamie und ich mag dieses System nicht…
SB: Dieses System? Sie meinen nur mit einer Person das ganze Leben lang zusammen zu sein?
Joon: Ja, denn ich denke, dass es vor allem für Frauen überhaupt nicht möglich ist. Der Mann versucht immer die Frau zu dominieren. Hier in Deutschland ist das sicher besser als in Korea, aber in der Geschichte war die Frau stets unterdrückt. Sicher hat sich vieles geändert, aber in Korea geht das nicht so schnell. Ich bin eine Art  Feministin, ich denke dass Mann und Frau gleichberichtig sind!
Ich glaube nicht ans Heiraten, wie es in diesem Film vorkommt. Zusätzlich thematisiert er die Religion und auch  das Christentum in Korea – er sagt das nicht direkt, aber genau  das ist die Kunst.
Es gibt eine Szene wo meine  Geliebte mit mir zusammen das Geschenk für meine Frau kauft und ich finde es ganz normal. Warum sollte irgendjemand eifersüchtig sein?  Ich kann niemanden besitzen und niemand kann mich besitzen. Ich denke dass das mit dem Heiraten, Scheiden etc. einfach veraltet ist.   Die heutige Gesellschaft braucht keine Heirat mehr.
Joon: In vielen Filmen bei der Berlinale wird das Thema Sex thematisiert und oft ist es so, dass die Frau gezeigt wird als diejenige die Liebe will und der Mann nach neuen Frauen sucht.
Warum ist es immer so? Warum dieses Drama? Ich will weg von dieser Einstellung. . .
Ich interessiere mich für Buddhismus, ich will frei sein, weg vom Drama. Dennoch gibt es mittlerweile viele Regisseure, die Filme machen, in denen sie zeigen, dass man auch anders leben kann.
SB: Als Künstler ist man in der Lage Abstand zu nehmen und zu zeigen dass es anders auch möglich ist.
Joon: Genau, wir sollten darüber nachdenken, was uns Filme, wie dieser mitteilen wollen!


Sandra Bakula

Photo: Berlinale, Berlin Film Festival

die-frau.at