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Fifty Shades of Grey für Anfänger
28.10.2012
1956 wurde die Aufführung "Kiss me, Kate!" (Produktion Marcel Prawy) zum ersten Mal in der Wiener Volksoper gespielt.

Seit der letzten Vorstellung vergingen 17 Jahre bis zur Premiere des Bernd Mottl - Debüts am 27.10.2012.

An Farben hat es der Inszenierung des Musicals nicht gefehlt. Die sehr bunte Bühnendekoration (Friedrich Eggert) und die Kostüme (Sue Blane) erinnerten nicht nur an die 1980er Jahre sondern spiegelten diese gekonnt wider. Einzig die historisierenden Kostüme des parallelen Schauspiels des Stückes "Der Widerspenstigen Zähmung" wirkten zu gewollt nach einer Mischung aus Shakespeare in den Farben der 80er.

Das Bühnenbild (Friedrich Eggert) war relativ einfach und teilweise schematisch und ebenso wie die Kostüme farbenfroh gestaltet, dies aber leider in nicht sehr ansprechender Weise. Das Bühnenbild zu Shakespeare wirkte wie von Kinderhand gemalt.

Die Choreographie von Alonso Barros war mit zeitgenössischem Schmäh, mit alten und klassischen Tanzelementen versehen. Die leider zu wenigen Tanzeinlagen des Ensembles konnten die einzelnen Szenen nicht abrunden, denn diese waren nur Randspektakel, bevor das eigentliche Stück begann. Sie waren aber dafür gekonnt gespielt und mit viel Pepp versehen.
Durchgehend wirkte das Stück zusammengewürfelt. Dies natürlich bedingt durch die Story, andererseits auch durch die vielen verschiedenen eingesetzten Elemente: Menschliche Skulpturen, Standbilder, Stepdance, Walzer, Ballett, Dialekt/Slang, Althochdeutsch, ein schwules Pärchen, ein Softie. Eigentlich für jeden was dabei, aber dann doch wieder nicht...

Kate beziehungsweise Lilli Vanessi (gespielt von Franziska Becker) war sympathisch provozierend. Der Song "Nur kein Mann" war charmant umgesetzt. Trotz der missglückten Szene als betrunkene Kate bei der Ankunft in Verona, und der Rückkehr der Lilly in der letzten Szene mit den kleinen Köfferchen à la  "Austrian Airlines Stewardess" ist alleine sie es wert sich das Stück "Kiss me, Kate" anzusehen.

Aber wer ist bitte schön Kate?! Und wen soll sie küssen? Ihren Neuen oder ihren Ex?

Lilly ist von der Liebe enttäuscht. Ebenso erwartet sich Kate nichts von der Liebe und will daher keinen Mann. Kate hasst Männer. Diese wollen nur das eine, haben Spaß mit ihren Geliebten, während die Ehefrauen sich zu Hause mit den Bälgern herumschlagen müssen. Oder sie sind impotent und taugen im Bett nichts. Aber auch sie verliebt sich am Ende wider besseren Wissens in Petruchio (Andreas Lichtenberger).

Lilly "dreht" sich ebenso und kehrt, nachdem ihr reicher und einflussreicher Verlobter ihr ihre konservativ-langweilige Zukunft aufzeigt, zurück zu ihrem Exmann Fred Graham, den sie immer noch liebt, obwohl sie insgeheim weiß, dass "Aufgewärmtes" nur schiefgehen kann.

Die zweite weibliche Hauptrolle, Bianca, beziehungsweise Lois Lane (gespielt von Johanna Arrouas) ist einerseits ein Männer- benutzendes dummes Flittchen - was ihr bis jetzt aber noch nicht zu einer großen Karriere verhelfen konnte - andererseits die brave Lieblingstochter, die sich einen guten Ehemann wünscht.

Was sind das für Frauenbilder, fragt Frau sich da?

Von den Männern in der Runde sei der herausragendste zu erwähnen: Fred Graham beziehungsweise Petruchio (gespielt von Andreas Lichtenberger) - ein cooler Checker in roter Lederhose mit Herz. Also der perfekte Stereotyp. Gesanglich und schauspielerisch durchaus überzeugend und charmant gespielt.

Gar nicht überzeugen konnten allerdings die Ganoven, gespielt von Boris Eder und Herbert Steinböck, mit ihrem gezwungenen Vorspiel vor dem Regisseur Fred Graham, obwohl deren sonstige schauspielerische Leistung durchaus witzig war.

Nach fast drei Stunden fiel der Vorhang. Es gab zwar keine Standing Ovations, dem Großteil des Publikums schien es aber gefallen zu haben. Etwas seltsam war, dass keiner der weiblichen Hauptdarstellerinnen Blumen überreicht wurden und der Applaus eher abrupt endete, sodass sich die Darsteller, die sich gerade verbeugt hatten, eher von der Bühne stahlen.

Bei der Premiere traf man unter anderem auf Musical-Star Dagmar Koller in einem eleganten roten Anzug mit schwarzer Luis Vuitton Clutch, Benefiz und Society-Lady Janine Schiller mit ihrem Ehemann, Kammersänger und Intendant der Mörbischer Seefestspiele Harald Seraphin, Opernsängerin Birgit Sarata in einem edlen Pelz, ORF-Moderatorin Heilwig Pfanzelter schlicht-elegant, Alt-Bundeskanzler Franz Vranitzky mit seiner Gattin, Franz Suhrada aus "Kottan ermittelt" u.a.

KWH

Fotos: Barbara Pálffy/Volksoper Wien

die-frau.at