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Alkohol, Sex und Schuldgefühle
26.04.2013
Es begann im World Wide Web, kommuniziert wurde ausschließlich über Emails. Dann kam es zu einem Treffen, und plötzlich Funkstille, weil er sich aus dem Staub gemacht hat. Emmi - verheiratet mit einem Mann, der zwei Kinder von einer Frau hat, die bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist - gibt nicht auf und will wissen, wie es ihm geht, was er macht und vor allem, warum er abgehauen ist. Er muss ebenso oft an sie denken. Daran ändert auch seine Beziehung mit einer lieben Frau Nichts. Irgendwann ist der Zeitpunkt der Wahrheit gekommen und sie erfährt, dass Bernhard, ihr Mann, die Emails gelesen und Leo, ihrem Email-Lover, in die Wüste geschickt hat. Schwer enttäuscht von beiden Männern, will sie das Ganze beenden. Doch ihre Gefühle für Leo und eine Flasche Whisky führen zu einer romantischen Nacht bei ihm – verbunden mit Schuldgefühlen, haben sie doch beide jemanden betrogen. Aber die vertraute Verbundenheit ist stärker als jedes schlechte Gewissen und verlangt nach mehr. Nachdem sie sich scheiden läßt und auch er getrennt ist, steht der Liebe, die plötzlich nicht mehr verboten ist, Nichts mehr im Wege. Wie soll es jetzt weitergehen? Das erfahren Sie im Stück, aber so viel sei verraten, es kommt - wie erwartet - zu einem Happy End.

Das Stück ist sehr amüsant, mein 10-jähriger Sohn hat mich begleitet und hat viel gelacht. Im Gegensatz zu manch anderer Aufführung, während der er fragte, „Wann ist es endlich aus?“

Ich persönlich empfinde es als eher unrealistisch, dass Mann und Frau nach langer Zeit doch zueinander finden. Ich glaube, in der Wirklichkeit kommt das eher selten vor, was aber nicht heißt, dass es nicht vorkommt.

Was mich auch beschäftigt, ist die Darstellung der reifen Frau, die weiß was sie will und eines jüngeren Mannes, der geliebt werden will, eine Frau für sich haben will, um nicht allein zu sein. Klingt nach verletzter Mutterliebe, ist es wahrscheinlich auch. Aber wer von uns ist nicht verletzt? Wer sehnt sich nicht nach Anerkennung? Wertschätzung? Liebe? Wohl jeder von uns. Wollen Sie meinen bescheidenen Rat dazu wissen? Lassen Sie die Gefühle zu! Sie verstecken zu wollen, macht die Sache nicht besser, weil sie dann immer wieder eruptieren, wie ein Erdbeben. Plötzlich sind sie wieder da und bringen unser Gefühlsleben ins Chaos. Da ist es doch besser sie gleich auszuleben und sich die negativen Komponenten dieser Gefühle, die eigentlich gar nicht vorhanden sein sollten, bewußt zu machen, um keinen falschen Erwartungen zu unterliegen. Denn eines ist klar, die Liebe, die wir als Kind nicht bekommen haben, kann uns als Erwachsener niemand mehr geben. Aber nur so kann man die richtigen Entscheidungen treffen. Emmi und Leo haben es uns vorgemacht, wir brauchen es ihnen nur nachmachen. Dies aber ohne Alkohol, denn im Rauschzustand ist keine Frau in der Lage zu entscheiden, ob der Mann der richtige für sie ist und führt oft zu bösen Enttäuschungen über die eigene, nicht getroffene, falsche Entscheidung.

(BS)

Regie: Stefan Behrendt
Bühnenbild: Ulrike Müller
Kostüme: Luise Gypser
Dramaturgie: Regina Guhl
Besetzung: Emmi Rothner: Steffi Krautz; Leo Leike: Sebastian Reiß


Titelbild: Lupi Spuma

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