31.10.2015 |
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caselaw verbotene Praxis in Österreich?
Die normative Kraft des faktischen - auf Deutsch - das Handeln wird zum Gesetz! Ab wann ist das gesetzlos? Immer?
Das österreichische Rechtssystem ist hierarchisch aufgebaut. Sprich es herrscht ein Über- bzw. Unterordnung der einzelnen Rechtsakte.
An oberster Spitze stehen dabei die sog. „Baugesetze der Bundesverfassung“ daran reiht sich die Bundesverfassung selbst, dann kommen die einfachen Bundes- und Landesgesetze und auf ihrer Basis können Behörden Verordnungen und Bescheide erlassen.
Die österreichischen Richter sind also in ihrer Urteilsfindung frei, frühere Urteile können als Auslegungshilfe herangezogenen werden.
Im Gegenteil dazu herrscht im angloamerikanischen Raum das sog. case-law-system. Hierbei müssen sich Richter an sog. „Präzedenzfälle“ halten, wenn sie ihre Urteile fällen. Zur Lösung eines Falles werden also bereits entschiedene Fälle herangezogen , um daraus Urteilsmaximen für den aktuellen Fall zu gewinnen.
Aus dieser Gegenüberstellung lässt sich also schließen, dass ein solches „Fallrecht“ aufgrund von Urteilsgewohnheiten in Österreich verboten ist.
Und dennoch kommt es in der Praxis sogar im Rahmen von Verfassungsrecht zur Anwendung von Gewohnheitsrecht. Als Beispiel dafür möchte ich das Beschlussrecht der Bundesregierung gem. Art. 69 B-VG nennen. In der leg. cit. wird jedoch NUR das Präsenzquorum geregelt. Für einen Beschluss durch die Bundesregierung bedarf es der Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder der Bundesregierung. Doch vergebens sucht man in dieser Bestimmung nach einer Regelung bezüglich des Konsensquorums. Die herrschende Lehre äußert sich dazu wie folgt: Ein Beschluss der Bundesregierung erfordert Einstimmigkeit, weil dies verfassungsgewohnheitsrechtlich immer so gehandhabt wurde.
Ist es nicht erschreckend, dass gerade das österreichische Verfassungsrecht , DAS Recht des Rechts, das Recht, das über allen anderen Rechten steht und deren Gültigkeit von ihm abhängt, dass man gerade in diesem Rechtsbereich von Gewohnheitsrecht spricht und somit vorsätzlich das Verbotene zum Gesetz macht, dadurch dass „Gewohnheiten“ ähnlich wie im case-law-system immer gleich anwendet werden.
Impliziert diese gewöhnliche Einstimmigkeit, dass alle daran gewöhnt sind nicht dagegen zu stimmen?
Kann ein solches Verhalten als demokratisch oder als verfassungskonform angesehen werden?
Wenn man der Rechtslehre so zuhört und sie verstehen versucht, drängen sich bezüglich dieser Fragen berechtigte Zweifel auf. Denn es ist unvereinbar mit dem demokratischen Prinzip, dass das Verfassungsrecht in Fällen, in denen es ganz offensichtlich Lücken aufweist, von Gewohnheitsrecht spricht und damit versucht diese Lücken zu kompensieren.
In der Theorie geht das Recht und damit die Gesetze vom Volke aus durch Beschluss im Nationalrat was Bundesgesetze betrifft. Die Abstimmung finden im Sitzungssaal, siehe Foto, statt. Nur über CaseLaw und Gewohnheitsrecht wird nichr in diesem Sitzungssaal abgestimmt sondern bei Gerichten, Behörden etc.
LisaP
Feedback Artikel "case_law_Oesterreich"
Hi,
nur ein kurzes Feedback zu deinem Artikel:
Allgemein sehr verständlich, nur ein Absatz war für mich nicht klar. Die beiden Fremdwörter "Präsenzquorum" und "Konsensquorum" verstehe ich nicht.
Außerdem steht im selben Absatz die Abkürzung "leg. cot.", die ich auch nicht kenne.
Jemand, der sich gar nicht damit befasst, wird es noch weniger verstehen als ich (ich kenn mich auch schon kaum aus, nur in bestimmten Fällen).
Letzte Woche wollte ich im Internet etwas juristisches nachschlagen, doch die Artikel waren so dermaßen kompliziert geschrieben, enorm viele Fremndwörter und komplizierte Formulierungen, dass ich komplett abgeschalten und eine Weile später aufgegeben habe.
Ist ja bei deinem Artikel nicht der Fall, doch auch schon zwei, drei Ausdrücke, die mir nicht geläufig sind, sind mir in der Regel zu viel.
Ich kann mir nicht mal vorstellen, dass bei vielen Urteilen, Rechtsausführungen etc. alle Juristen verstehen, was gemeint ist. Warum sich die Juristen so kompliziert und geschwollen ausdrücken müsse, sodass am Ende niemand mehr was versteht, ist mir ja sowieso ein Rätsel.
Freiwillig tu ich mir solche Texte, bei dem ich mir dumm vorkomme, nicht an. (ist bei deinem Artikel ja auch nicht so, der ist sehr gut, aber allgemein)
Sabine
Hey Sabine,
Danke für dein Feedback, das hat mich sehr gefreut.
Ich weiß, was du damit meinst - glaube mir, genau dieses "geschwollene" Daherreden und die komplexen Ausdrücken machen zumindest für mich (ich kann nicht für alle sprechen) dieses Studium so schwer. Man könnte sich so einfach und verständlich ausdrücken, wenn man nur will.
Was mir mit der Zeit auch selbst passiert, ist dass man dann wenn man einmal verstanden hat, was mit diesen komplizierten Begriffen gemeint ist, auch selbst dieser Schreibweise "verfällt". Du kannst ja mal Constanze fragen, die kann dir das sicher bestätigen.
Für dein Verständnis:
Unter PRÄSENZQUORUM versteht man die Anwesenheit der Abgeordneten im Nationalrat. (Wie viele Mandatare müssen anwesend sein, damit es überhaupt zu einer Abstimmung kommen kann)
Unter KONSENSQUORUM versteht man die Zahl der abgegebenen Stimmen. (wenn bspw. bei erhöhten Quoren 2/3 aller Stimmberechtigten ihre Stimme abgeben, reicht dies für ein gültig zustandsgekommenes Gesetz)
Beim Kürzel " leg. cit." (ein Tippfehler von mir) handelt es sich um den lateinischen Ausdruck für "legis citatae" damit bezieht man sich auf bereits zitierte Gesetzesstellen.
Ich hoffe, dass ich dir etwas Klarheit verschaffen konnte.
Liebe Grüße,
Lisa
By Mummelgrummel [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) or CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)], via Wikimedia Commons
By David Levine from Portland, USA (Canoe Uploaded by Vydra) [CC BY 2.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/2.0)], via Wikimedia Commons
Conrad von Soest [Public domain], via Wikimedia Commons