Krieg in Libyen
Nato übernimmt Führungsrolle
Militärisch verlaufen die Einsätze nach Plan, politisch hat der Einsatz die Nato in eine Krise gestürzt. Der Streit um den Oberbefehl, um Ziele und Grenzen der Angriffe hat das Bündnis heftig durchgeschüttelt. Jetzt gibt es immerhin einen Minimalkompromiss: Die Nato ist für die Durchsetzung des Flugverbots zuständig, für Angriffe auf Gaddafis Bodentruppen aber erst mal nicht. Unabhängig vom Bündnis dürfen Franzosen, Briten und Amerikaner weiterhin Stellungen des libyschen Diktators bombardieren.
Operation „Morgendämmerung“
Die internationale Gemeinschaft startete mit der Operation „Morgendämmerung“ und war sich nach tagelangem Streit erst Ende letzter Woche über die militärische Führungsrolle einig. Nun übernimmt die Nato das Kommando, zunächst über die Durchsetzung der Flugverbotszone. Gezielt wurden lybische Luftabwehrstellungen und militärische Zentralen außer Gefecht gesetzt, Panzer und Fahrzeuge der lybischen Armee zerstört.
Luftkrieg
Zehn Tage dauert der Luftkrieg nun schon an. An Gaddafis Strategie gegen seine Landsleute vorzugehen änderte dies allerding nichts. Zeugen vor Ort berichten ZDF-Reportern von Gaddafis Milizen, die nachts in die Städte kommen und auf Menschen in der Nachbarschaft schießen. Andere berichten von Mord-Drohungen. Aufnahmen von Handykameras bestätigen die Brutalität, mit der Regierungstruppen gegen Regimegegner vorgehen.
Adschdabija
In Adschdabija wurde besonders erbittert gekämpft, die Stadt im Osten des Landes liegt an der Front und ist, sowohl für Gaddafis Truppen als auch für die Rebellen strategisch wichtig. Zahlreiche Bewohner mussten fliehen. Die, die blieben, schlugen nun Gaddafis Truppen zurück. Nachdem französische und britische Kampfjets seine Militäreinheiten attackiert hatten, hat sich das Blatt gewendet und die Stadt soll wieder in Hand der Rebellen sein. Zum ersten Mal ist es den Rebellen gelungen, eine Stadt zurückzuerobern. Dennoch kann die Freudenstimmung nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich lediglich um einen Etappensieg handelt, denn der Weg nach Tripolis ist noch weit.
Tripolis-Propaganda
In der Hauptstadt Tripolis versammelten sich diese Woche immer wieder Gaddafi-Anhänger auf dem grünen Platz, ob freiwillig oder nicht, sie bilden nun ein menschliches Schutzschild. Die Propagandamaschinerie zeigt ihre Wirkung. Der Lybische Machthaber sprach von einem Sieg. Er sei bereit für einen langen ruhmreichen Krieg. Er sei bereit, um sein Land zu kämpfen und seine Ehre zu verteidigen. Das Regime Gaddafi scheint noch lange nicht am Ende. Die internationale Gemeinschaft und die Nato stellen sich auf eine längere Militäroperation ein, gegen einen Despoten, der unbeirrt an seiner Macht festhält ohne Rücksicht auf sein Volk.
Offiziell bestätigte Zahlen der Opfer gibt es nicht. Tatsache ist aber, dass es jeden Tag neue Todesopfer zu beklagen gibt.
(su)
Grafik: Marco di Gloria