Am 9. Juli dieses Jahres feierte „Ghostbusters“ in den USA seine Premiere.
Mehr als 30 Jahre nachdem der Filmklassiker ins Kino kam, wird die Story neu aufgesetzt. Der neue Ghostbusters-Film ist jedoch kein simples Remake der originalen Geschichte um 4 Geisterjäger.
Regisseur Paul Feig ("Freaks and Geeks") zeigte mit dem Überraschungshit „Bridesmaids“ ("Brautalarm") 2011, dass eine Komödie mit weiblichen Hauptdarstellern genauso lustig und genauso interessant sein kann, wie männlich dominierte Comedy. Nach "Bridesmaids", "The Heat" und "Spy" ist „Ghostbusters“ nun bereits der vierte Film, den Feig in Zusammenarbeit mit Melissa McCarthy auf den Markt bringt.
Nicht ohne Grund, denn die ehemalige Gilmore Girls-Darstellerin kann in puncto Humor den meisten männlichen Comedians das Wasser reichen. Hätte man sich damals vor 15 Jahren nicht erträumt.
Doch in Paul Feigs neuestem Streich ist es nicht nur McCarthy, die uns zum Lachen bringt. "Ghostbusters" fügt sich wunderbar in die Tradition, Saturday Night Live-Komiker in Blockbuster-Komödien zu besetzen, ein. Neben Kristen Wiig und Kate McKinnon kann sich auch SNL-Newbie Leslie Jones beweisen. Saturday Night Live brachte seinerzeit Hollywood-Größen wie Jim Carey, Will Ferrell und Chevy Chase hervor und in Windeseile an die Comedy-Spitze.
Da ja nun „Ghostbusters“, das Original, ein Filmklassiker ist, der in uns nostalgische Gefühle erweckt, wundert es nicht, dass sich so mancher männliche Zeitgenosse auf den Schlips getreten fühlte, als zu Beginn der Produktion verlautbart wurde, dass es sich bei dem neuen Ghostbusters Film um ein all-female-lead Reboot handeln würde. Die vier Hauptcharaktere, die damals von Männern portraitiert wurden, wurden kurzerhand von weiblichen Schauspielerinen ersetzt. Ungeheuerlich!
Es folgte in Sekundenschnelle ein Aufschrei der männlichen Bevölkerung. Abgesehen davon, dass die Besetzung weiblich sein würde, war noch kein weiteres Detail, weder über weitere Rollen noch über die Story oder ob es sich um eine Fortsetzung, ein Remake oder anderes handeln würde, bekannt.
Als dann vor einigen Monaten der erste Trailer veröffentlich wurde, war für die männlichen Filmfans endgültig Schluss mit lustig. Noch bevor man überhaupt den fertigen Film im Kino bewundern konnte, wurde der neue Ghostbusters mit aller Macht boykottiert. Schlechte Kritiken, schlechte Bewertungen, ein Youtube-Kommentar bösartiger als der nächste. Und das alles im Voraus.
Würde man die männliche Empörung über das Ghostbusters Reboot allzu ernst nehmen, müsste man fast schon weinen. Oder wütend werden.
Die eine oder andere Überschrift und einige Zuschauerkritiken auf IMDB.com brachten uns dennoch zum Schmunzeln. Betitelten Kritiken wie „A Terrible, Unfunny, Man-Hating Mess“ und „Anti American Cultural Marxist junk from the NeoBolshevik Feig“ von Möchtegern-Filmkritikern, deren Usernamen („wifepleaser“, „The Dude“ u.dgl.) schon Aussage genug darüber sind, welche Art von Mann sich dahinter verbergen muss, darf man schon gar keine Beachtung mehr schenken.
Schon seltsam, dass es sich bei den negativen Kritiken um nahezu ausschließlich denen, die von Männern geschrieben wurden, handelt. Die Filmkritiken der weiblichen IMDB-User erklären mit wenigen Worten genau das, das die Reviews der Männer eigentlich bedeuten.
„Ignore all the hate trolls, Ghostbusters is successful everywhere.”
„Watch out, folks. The Clueless, idiot crybabies from The Force Awakens are back again!“
„Funny Movie. Butthurt Man-Babies“
“Stellar (or: Don't Listen to the Butt-Hurt Dudebros)“
Und unser Favorit: „Don't believe the nerds from mother's basement“.
Es wird immer mehr so getan, als schnappten die Frauen den Männern alle guten Filmrollen vor der Nase weg.
Natürlich nehmen wir Frauen den Männern die Jobs weg. Das ist ja nichts Neues. War ja bereits in der Antike so, dass nur Frauen auf die Bühne durften. Auch heutzutage gibt es ein Übermaß an interessanten weiblichen Rollen, vor allem jene für Nebendarstellerinnen von Actionhelden. Bond-Girls sind ja so vielschichtig, würdevoll und respekteinflößend.
Und die gesamte Handlung der Romantikkomödie „Shakespeare in Love“ dreht sich schließlich darum, wie leicht es die Frauen in dieser Industrie haben. Sexismus? So etwas gibt es doch nicht!
Wir geben den Männern natürlich Recht, dass Ghostbusters aus dem Jahr 1984 ein Klassiker ist. Auch von uns ist das Original ein viel geliebter Film. Doch die Kritiker, die meinen, das Reboot zerstöre den Klassiker, und dies noch bevor den Film überhaupt gesehen zu haben, sind an Ignoranz schon gar nicht mehr zu übertreffen. Wie genau das funktionieren soll, rückwirkend einen Film zunichte zu machen, erschließt uns bis heute noch nicht. Selbst wenn der Film schlecht wäre, würde das die Qualität des Originales nicht aufheben.
Wir müssen den Männern in dem Punkt widersprechen, dass das „Ghostbusters“ Reboot eine Art von „umgedrehtem Sexismus“ darstellt. So etwas existiert schlichtweg nicht. Wie genau ein Film eines männlichen Regisseurs männerfeindlich sein kann, ist uns ebenfalls nicht begreiflich.
In einem Interview scherzte Regisseur Paul Feig darüber, dass er nicht damit rechnete, dass es einen regelrechten Völkeraufstand in Reaktion auf seinen Film geben würde. Ihm sei es daran gelegen, einen unterhaltsamen Film zu machen, nicht, ein politisches Statement abzugeben, wie es manche der männlichen Drama-Queens unter den Youtube-Kommentatoren gerne hätten.
Nachdem wir den Film gesehen haben, da wir natürlich wissen wollten, ob an der Kritik der Männer etwas Wahres dran ist, können mit gutem Gewissen sagen: Der Film ist NICHT männerfeindlich. So haben wir ihn zumindest nicht gesehen. Es ist schlicht und einfach erfrischend, einen Actionfilm mit nahezu ausschließlich weiblichen Hauptcharakteren zu sehen. Noch dazu einen Film, in dem diese Frauen nicht unnötig „aufgetakelt“ sind, in unpraktische Kostüme gesteckt werden und sich auch nicht als Personen positionieren, die einen Mann als Retter brauchen.
Die Fähigkeiten der vier Hauptakteure Erin (Kristen Wiig), Abby (Melissa McCarthy), Holtzman (Kate McKinnon) und Patty (Lieslie Jones) stehen deren nie zur Diskussion, WEIL diese Frauen sind. Dass die Ghostbusters von der gesamten Stadt New York als Verrückte gesehen werden, steht zwar außer Frage, wird naturgemäß schlichtweg die Existenz von Übernatürlichem als absurd abgetan. Der Umstand, dass die Geisterjäger Frauen sind, wird an KEINEM Zeitpunkt des Filmes in Verbindung mit deren Berufswahl überhaupt zum Thema gemacht. Wie schon wie deren Vorgänger Peter, Ray, Egon und Winston 1984 werden deren Ansichten schlicht als lächerlich gesehen. Unabhängig von deren Geschlecht.
Die Dynamik zwischen den Mitgliedern der Gruppe ist so erfrischend unkompliziert, die Situation unter den vier Geisterjägern ungewohnt Drama-frei und locker. Es wird sich um keinen Mann gestritten, niemand reißt sich um den Titel der Homecoming-Queen und es herrscht auch sonst unter den Geisterjägern keine Animosität, wie man sie häufig in so genannten "Frauenfilmen" findet. Die vier Frauen versuchen ihre Entdeckung mitzuteilen und die Welt zu retten. Diese Art der Erzählung ist für Filme mit männlichen Hauptdarstellern, nicht jedoch für die meisten Filme, in denen sich Frauen in der zentralen Handlung befinden, selbstverständlich. Bechdel-Test bestanden.
Die Tatsache, dass deren Sekretär ein Mann ist, der abgesehen davon, dass er nett anzusehen ist, nichts beizutragen hat, ist hauptsächlich der Punkt, an dem sich das männliche Publikum stößt. “Thor”-Darsteller Chris Hemsworth gibt den geistig minderbemittelten Kevin, auf den Erin ein Auge geworfen hat und der trotz Mangel an besonderen Fähigkeiten an Ort und Stelle ins Team aufgenommen wird.
Auch der Filmbösewicht ist – welch Frevel! – ein Mann. Genauer gesagt: ein durch jahrelanges Mobbing durchgedrehter und verbitterter Mann. Rowans Storyline erinnert geradezu an die Geschichte eines Amokläufers. Davon gibt es im realen Leben genug und diese sind größtenteils Männer. Die „Ghostbusters“-Hasser übersehen – oder wollen übersehen – dass es kein „reverse sexism“ ist, einen Mann als Bösewicht darzustellen. Der Antagonist von „Ghostbusters“, wunderbar von Saturday Night Live Schreiber Neil Casey dargestellt, ist geradezu das Sinnbild eines geächteten, verschmähten weißen Mannes, der seine Probleme am Rest der Welt auslassen möchte. Die Gegner dieses Filmes können sich noch so sehr aufregen, wir Frauen wissen: Der Funke Wahrheit, der in dieser Portraitierung steckt, ist deutlich genug, um Sinn zu ergeben.
V.l.n.r.: Abby Yates (MELISSA McCARTHY), Erin Gilbert (KRISTEN WIIG), Jillian Holtzmann (KATE McKINNON) und Patty Tolan (LESLIE JONES)
Auf die Problematik des so genannten Cyberbullyings (Internet-Mobbing) wird auf geniale Weise eingegangen. Der Film wird in diesem Punkt „meta“, wie man es heutzutage nennt (also über den Bildschirm hinaus, auf Begebenheiten in unserer Wirklichkeit anspielend):
Nach der ersten öffentlichen Sichtung eines Geistes müssen sich die vier Heldinnen mit der Kritik der Bewohner New York Citys herumschlagen. Die Kommentare auf deren Youtube-Video, in dem eindeutig ein Geist zu sehen ist, was der Rest der Welt nur noch nicht so richtig glauben kann, sind so bösartig wie jene der Männer, die sich damals negativ über das „Ghostbusters“-Reboot ausließen.
Mit „Ain’t no bitches gonna hunt no ghosts“ kommentiert ein Zeitgenosse die Geisterjagd der vier Frauen im Film. Dabei handelt es sich um einen realen Youtube-Kommentar auf den Trailer von „Ghostbusters“, der zu seiner Zeit Schlagzeilen machte. Der wurde wortwörtlich übernommen und zeigt, wie man mit Stil und Klasse mit Mobbing dieser Art umgehen kann. Im Film selbst merkt Abby (Melissa McCarthy) an, dass man sich am besten nicht durch Verrückte im Internet verunsichern lassen sollte (“You’re not supposed to be reading what crazy people write online.”). Genau so sollte es sein.
V.l.n.r.: Abby Yates (MELISSA McCARTHY), Jillian Holtzmann (KATE McKINNON), Erin Gilbert (KRISTEN WIIG) und Patty Tolan (LESLIE JONES)
Ghostbusters ist kein reines „Reboot“ des Originals. Wäre ja auch langweilig. Für uns ist das Remake eine liebevolle Hommage an das Original aus den Achtzigern. Gastauftritte von nahezu der gesamten damaligen Besetzung sind nur die Spitze des Eisberges.
V.l.n.r.: Abby Yates (MELISSA McCARTHY), Patty Tolan (LESLIE JONES), Jillian Holtzmann (KATE McKINNON) und Erin Gilbert (KRISTEN WIIG)
Mit übertrieben negativen Bewertungen wie „Worst Franchise Reboot Ever Made“ machen sich die Kritiker nur noch lächerlich. Ist der Film perfekt? Natürlich nicht! Aber schlechtestes Remake aller Zeiten? Wohl kaum. Den Hardcore-Fanboys kann man es eben nicht recht machen. Filme mit Buchvorlage, Comicbuchverfilmungen und dergleichen haben es besonders schwer, dem Geschmack der Fans gerecht zu werden. Das beste Beispiel hierfür sind die „Fantastic Four“- Filme. Während den Comicbookfans die Verfilmung aus dem Jahr 2005 zu schrullig, zu lustig, zu wenig ernst war, hat man sich letztes Jahr dann unglaublich über den Ton der Neuverfilmung 2015 aufgeregt – zu düster war er. Ugh.
Einige Menschen sehen einfach nur, was sie sehen wollen. Manchmal ist ein Film einfach nur ein Film. Wir wollen unterhalten werden, nicht mit den Meinungen von Verschwörungstheoretikern belästigt werden. Die Bewertung von 5.5 von 10 Sternen hat der Film eindeutig nicht verdient. Doch dank des großzügigen, weitsichtigen Engagements unserer verbitterten männlichen Kollegen, die nur noch Zeter und Mordio schrien, wird es eine Fortsetzung von "Ghostbusters" wahrscheinlich nicht geben. Gratulation.
Paul Feig, Twitter, 24. September 2015: "You've been ranting at me and my cast for months with misogyny and insults. So go fuck yourself. Goodnight. #enough"
Die Hauptrollen dieser Action-Comedy spielen Melissa McCarthy, Kristen Wiig, Kate McKinnon, Leslie Jones, Charles Dance, Michael Kenneth Williams, Neil Casey und Chris Hemsworth.
Paul Feig führte Regie und schrieb mit Katie Dippold das Drehbuch, basierend auf dem Film „Ghostbusters“ von Ivan Reitman, geschrieben von Dan Aykroyd und Harold Ramis. Produziert wurde GHOSTBUSTERS von Ivan Reitman und Amy Pascal.
Executive Producer sind Michele Imperato Stabile, Paul Feig, Jessie Henderson, Dan Aykroyd, Tom Pollock, Joe Medjuck, Ali Bell und Ben Waisbren.
Deutscher Kinostart: 04. August 2016
www.Ghostbusters-Film.de
www.facebook.com/GhostbustersDe
https://youtu.be/to95BJ5A6Rc
www.instagram.com/sonypictures.de
www.twitter.com/SonyPicturesDE
#Ghostbusters
Text: Sabine Stenzenberger
Bildmaterial: © 2016 Sony Pictures Releasing GmbH